Sonntag, 19. Dezember 2010

Quo vadis?

Er hatte ihr seine Hand gereicht. Obwohl die klare, strahlende Flamme der tiefschwarzen Kerze diese Nacht ein kleines Stück weit zu entschleiern vermochte, war es düster. Dunkel. Sie zögerte, nur einen unmerklichen, kurzen Augenblick und schaute in die funkelnde Flamme. Sie versuchte, sich an vergangene Minuten, an verschollene Jahre zu erinnern.

Gehalten hatte er sie. Und ihr in die Augen geblickt, so, dass ihr glühend heiss wurde und sie den Blick von ihm loslösen musste. Die Leidenschaft begann aufzukommen bei diesem Blick. Es war einfacher, wenn sie die Augen wieder schloss. Doch das durchscheinende Licht der schwarzen Kerze konnte sie nicht verdrängen. Genau wie die innerliche, pulsierende Glut, welche ihren Körper in Beschlag nahm, als er sie geküsst hatte. Wie ein loderndes Flammenmeer beherrschte sie diese glühende Erinnerung.

Nur schon sein Vorkommen hat bei ihr Wünsche geweckt, eine Leidenschaft erweckt, welche sie gar nicht zu kennen glaubte. Es scheint beinahe so, als könne nur er diese lindern. Plötzlich, ein leichter, kaum spürbarer Windhauch raubte der schwarzen Kerze etwas von ihrer Leuchtkraft und sie öffnete ihre Augen wieder. Sie bemerkte noch, dass er seine Hand ein wenig zurückgezog.

Nun schaute sie ihm in seine fragende Augen; sie wirkten überraschender Weise unsicher. Ein Schatten der beinahe toten Flamme lag auf seinem Gesicht und erinnerte sie wieder an die absolute Dunkelheit. Dunkel, wie die Jahre, als er sie alleine liess, im Ungewissen, sie übersehen hatte. Sie erinnerte sich nur ganz kurz an das Gefühl der lieblosen Kälte.

Nun lenkte ihr Herz ihren Blick wieder auf die Kerze. Erloschen war sie nicht. Nie. Sie hatte nur den Drahtseilakt des strahlenden Leuchtens und schwachen Schimmerns vollzogen und gezeigt. Nun blickte sie wieder ihn an. Und reichte ihm ihre Hand.

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