Dienstag, 25. September 2007

Neulich beim Aufräumen!

Einen jener schwarzen Tangos, Ende des Monats August, da der Sommer schon ganz verstaubt ist, kurz nach Ladenschluss aus der offenen Tür einer dunklen Wirtschaft, die einem Türken gehört, ist beinahe ein Wunder: Für einen Moment aufatmen in dieser Strasse, die niemand liebt und atemlos macht beim Hin-durchgehen. Ich schrieb schnell auf, was ich sah oder glaubte zu sehen, bevor der Moment der Abgestorbenheit wieder erlosch! Einen kurzen Augenblick die Orientierung verloren, wurde die tiefe Schönheit des zu erreichenden Ziels wieder bildlich, den ihm zustehenden Platz in meinem Ich wieder einnehmend.

Von einer unbestimmbaren, fragwürdigen Herkunft, grenz-überschreitend in eine erlösende, mögliche Zukunft. Dieser Zwang, innere Zwang, dieses Ziel erreichen zu wollen, besser, erreichen zu müssen, liess mich durch weitere verendete Strassen gehen. Ein dumpfes Unbehagen überfiel mich während des Zahlen-Betrachtens, begleitet von schleichendem Miss-trauen ihrer Abfahrtszeiten gegenüber, deren Genauigkeit betreffend.

Ein heimliches Verlangen drängte mich dazu, ihr, welche sehr schön war, mir gegenüber sass, in die Augen zu sehen; ein zärtlicher Blickaustausch. Er, dem Türken aus der Wirtschaft gleichend, wahrscheinlich zu ihr gehörend, bekam nichts davon mit. Er schien in einem totenähnlichen Zustand gefangen zu sein, bereits erloschen in der Abgestorbenheit. Seine niko-tingelben Finger zitterten, nicht sehr, dennoch sichtbar, da sich ansonsten gar nichts an ihm regte. Beim Hinausgehen richtete er seinen Blick kurz auf mich; sie, welche mich beim Aufstehen wahrscheinlich nicht zufällig berührte, es ähnelte viel mehr einem Streicheln, liess mich zweifeln, ob das Ziel nicht auch morgen noch zu erreichen wäre. Mir heute noch einen letzten Nachmittag zu gönnen mit dieser Frau, deren Augen Lebenslust und Melancholie miteinander auszustrahlen vermochten. Ewige Traurigkeit im 3/4-Takt des sich langsam vorwärtsbewegenden Zuges.

Die vorbeifliegende Krähe machte mir augenblicklich die für mich grosse Wichtigkeit des Zieles wieder deutlich. Ein unbehagliches Glücksgefühl bereitete sich auf dem Weg in die absolute Dunkelheit in mir aus!

Aus meinem AME-Aufsatzheft 1995; die Aufgabe war, die Geschichte zu Ende zu schreiben (das kursive wurde vorgegeben). Meine Güte, war ich aber eine fröhliche, junge Frau!

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